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Erschienen am 21.09.2023
5G-Nutzung ganz ohne China?
Für das Mobilfunknetz in Deutschland sollen Komponenten chinesischer Hersteller aus Angst vor Spionage verboten werden. Das ist die Chance für albis-elcon in Hartmannsdorf. Am Freitag darf jeder dort hinter die Kulissen schauen.
VON BETTINA JUNGE
Hartmannsdorf Zauberwort 5G: Das mobile Netz wird deutlich schneller und immer mehr technische Geräte können im Alltag vernetzt werden. Gerade in der Energiekrise werden Smart Metering (automatisches Ablesen von Strom-, Gas- und Wasserverbräuchen) oder Smart Home-Technologien (Vernetzen nicht nur von Telefon, Computer und Fernseher, sondern auch von Haushaltsgeräten und Haustechnik) immer interessanter. Aber ist das ohne die oftmals billigere Technik aus China überhaupt möglich? „Natürlich. Wir machen das vor“, sagt Werner Neubauer. Der Österreicher ist einer der beiden Geschäftsführer der albis-elcon system Germany GmbH in Hartmannsdorf. Das Elektronikunternehmen mit insgesamt 250 Beschäftigten in Deutschland, Schweiz, Mexiko, Italien, Österreich, Frankreich, England und Brasilien entwickelt und produziert Telekommunikationssysteme für den Breitband-Ausbau und zur Netzoptimierung. Hartmannsdorf ist Firmensitz mit 160 Mitarbeitenden. Viele der rund 30 Großkunden wie beispielsweise Deutsche Telekom und Telefonica wüssten, dass spezielle Bauteile in der Telekom-Infrastruktur die Sicherheit des Landes gefährden könnten. Für sie stehe nicht der Preis, sondern die Sicherheit im Vordergrund. Deshalb würden immer mehr Netzbetreiber kritische Kommunikationsinfrastruktur mit Systemen und Dienstleistungen aus Hartmannsdorf aufbauen, so Neubauer. Die starke Abhängigkeit von China soll so eingedämmt werden. „Bei uns steht überall ,Made in Germany’ drauf“, erläutert der 54-Jährige. Sowohl auf der Hard- und Software für Geräte, Systemen, kompletten Netzwerken, als auch bei den Dienstleistungen. Mit mehr als 15 Millionen installierten Systemen in mehr als 40 Ländern habe albis-elcon eine nachgewiesene Erfolgsbilanz in der Telekommunikationsbranche, erläutert Markus Königshofer, zweiter Geschäftsführer. Denn die Sorge, dass China mit ihren Komponenten direkt oder indirekt Zugriff auf das deutsche Mobilfunknetz erhält und somit beeinflussen kann, wächst. Die Bundesregierung bereitet dazu auch ein Gesetz vor, das spezielle chinesische Komponenten für Mobilfunker verbietet. Bei einem Tag der offenen Tür können sich Interessenten am Freitag von 14 bis 17 Uhr ein Bild von der Technik machen. Allein seit 2015, dem letzten Tag der offenen Tür, wurden 7 Millionen Euro in Produktion und Forschung in Hartmannsdorf investiert. „Das Besondere: In Hartmannsdorf wird die gesamte Palette gezeigt“, sagt Neubauer. Gäste könnten am einzigen Produktionsstandort von albis-elcon nicht nur den Forschern über die Schulter schauen, sondern auch erleben, wie kleinste elektronische Bauteile hergestellt werden. Aber wird da nicht zu viel verraten, Stichwort Spionage? Geschäftsführer Neubauer lacht und sagt: „Natürlich gibt es auch in Hartmannsdorf sensible Bereiche, die der Öffentlichkeit nicht gezeigt werden.“ Dabei verrät er, dass albis-elcon bereits an einem hochsicheren Telekommunikations-Betriebssystem tüftle, das ähnlich wie Windows als Computer-Betriebssystem arbeitet. Künftig sollen neben Computern und Telefonen weitere alltägliche Bereiche miteinander vernetzt werden. Ziel: Bis 2028 soll der jährliche Umsatz von 65 auf 250 Millionen Euro erhöht, also mehr als verdreifacht werden. „Ein sportliches Ziel“, sagt Neubauer. Mit einer jungen Belegschaft und erfahrenen Mitarbeitern gelinge das. Dabei setze die Firma auf Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. „Bei uns sind das keine Floskeln“, sagt er. Seit August 2023 bezieht albis-elcon seinen Strom aus erneuerbaren Energien. Investiert werde in nachhaltige Projekte wie CO2-Speicher. So wurde ein Grundstück mit einem alten Gebäude in der Nachbarschaft gekauft. Nach dem Abriss soll ein CO2-Speicher auf der Grundlage von Biokohle errichten werden. Neubauer erklärt: Pflanzen speichern Kohlenstoff. Doch sobald sie verrotten, gelangt CO2 in die Atmosphäre. Mit einer Jahrtausende alten Technik lässt sich das verhindern – und sogar Energie gewinnen. Dabei werden Pflanzen verkohlt und zu festem Kohlenstoff.bj
VON HANDSCHUHFABRIK ZUR ELEKTRONIKFIRMA
Die Wurzeln von albis-elcon reichen bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts zurück, als Albis ein Teil von Siemens Schweiz war und die Vorgängerfirma von Elcon zum DDR-Kombinat Robotron gehörte. 1990 wurde Elcon privatisiert und gehört seit 2007 zur UET-Firmengruppe. 1993 kaufte Elcon das Werk des ehemaligen VEB Goldpfeil in Hartmannsdorf. Dort fertigte man zuletzt Magnetköpfe für Rundfunk-, Speicher- und Datenverarbeitungsgeräte. Die Produktion elektronischer Baugruppen und Geräte für Telekommunikation und Automobilindustrie begann. Im Jahr 1996 wurde Hartmannsdorf Stammsitz des Unternehmens. Als Sanierer wurden 2006 als Geschäftsführer Markus Königshofer und Werner Neubauer aus Österreich eingestellt. 2015 kaufte das Unternehmen, das die Aktiengesellschaft UET bildet, das Schweizer Unternehmen Albis. Neuer Name: albis-elcon system Germany GmbH. Das Gebäude an der Oberen Hauptstraße wurde in den Folgejahren für sieben Millionen Euro erweitert. 1862 war dort eine Handschuhfabrik gegründet worden. Das Unternehmen existierte bis weit in die DDR-Zeit hinein.bj